Wanderung durch den Glashütten-Spessart

Zwischen dem westlichen Main-Kinzig-Kreises und dem Sinntal im Osten haben Inge und Michael Stange schon viele geführte Wanderungen unternommen. Am Sonntag stand mit den Naturparkführern eine Wanderung auf dem Kulturweg in Flörsbachtal, in der Mitte des Naturparks Hessischer Spessart im Programm, um sich auf die Spuren der Glasmacher zu begeben. Die rund 25 Teilnehmer aus mehreren umliegenden Gemeinden hatten Glück mit dem Wetter. Offenbar hatten sie den schönsten und einzigen Tag der Woche ohne Regen ausgesucht. Die viereinhalbstündige Tour startete im Ortsteil Kempfenbrunn gegenüber der schönen Kirche aus dem 13. Jahrhundert. Etliche Höhenmeter auf der 12 Kilometer langen Strecke legte die Gruppe gleich zu Beginn zurück. Nach einem kurzen steilen Anstieg konnten die Wanderer einen herrlichen Blick über das Dorf und seine waldreiche Umgebung genießen. Unterwegs erfuhren sie einiges über das sogenannte „Grüne Fieber“, das die Kempfenbrunner befällt, wenn im November die Zeit für den Christbaumhandel naht. Auch über die heimische Fauna und Flora sowie über die Land- und Forstwirtschaft früher und heute wussten die Naturparkführer anhand kurioser Entdeckungen am Wegrand viel Wissenswertes zu erzählen. Zu erwähnen sind etwa die sogenannten Bindseil-Inseln. Der Name ist auf den Forstmeister Walter Bindseil (1895 – 1969) aus dem Hunsrück zurückzuführen. Mit kleinflächigen Ansammlungen von Laubhölzern am Waldrand und an Wegekreuzungen schuf er Nahrungsflächen für nützliche Insekten. Im Mittelpunkt der Wanderung standen Informationen über die Glasherstellung, die einst für die Bewohner des Spessarts eine hohe wirtschaftliche Bedeutung hatte. Glasmacher siedelten sich ab dem 12. Jahrhundert im Spessart an. Dort fanden sie alle zur Glasherstellung notwendigen Rohstoffe: Wasser, Quarz (zerfallener Buntsandstein) und Holz. Die Waldglashütte im Laubersbachtal, einem Waldgebiet in der hessisch-bayerischen Grenzregion war eine sehr einfache Produktionsstätte. Sie wurde 1722 errichtet von Johannes Henss und seinen Brüdern. Sie ernährte rund hundert Menschen, die in dem Waldgebiet auch lebten. Der „Industriestandort“ hielt sich nur über einen relativ kurzen Zeitraum von 18 Jahren, denn für den Energiebedarf wurden große Mengen Holz benötigt, so dass die Bäume ringsum in wenigen Jahren abgeholzt waren. Eine Glashütte verbrauchte rund 20 bis 30 Hektar Wald pro Jahr. Aus einer Tonne Nadelholz konnten ein bis zwei Kilogramm Pottasche gewonnen werden. Um die Verkleinerung des Jagdreviers zu verhindern, wurde die Ansiedlung von Glasherstellern durch die Mainzer Erzbischöfe eine Zeitlang eingeschränkt. Die Glasproduktion gibt heute noch Rätsel auf. Chemiker bezeichnen den Stoff als eingefrorene Flüssigkeit. Zunächst konnte nur grünes Glas hergestellt werden. Verantwortlich für die grüne Farbe ist das im Quarzsand enthaltene Eisenoxid. Der Stoff ließ sich aus der Schmelze nicht mehr entfernen. Die Glasproduzenten verkauften ihre Erzeugnisse europaweit. Transportiert wurden sie über die alten Handelswege, die Birkenhainer Straße und den Eselsweg. „Man sagt, dass auch die Fenster des Kölner Doms aus Spessartglas gefertigt worden sind“, berichtete Michael Stange. Schließlich erreichte die Wandergruppe Mosborn, den jüngsten und kleinsten Ortsteil Flörsbachtals. Er wurde vor 250 Jahren gegründet, um der großen Auswanderungswelle gegen Ende des 18. Jahrhunderts entgegenzuwirken. Zur Historie des besonderen Dorfs wusste auch ein ortsansässiger Teilnehmer einiges zu berichten. Nach einem Abstecher zum Pfingstweiher, einem echten Kleinod, ging es nach Kempfenbrunn zum Ausgangspunkt zurück.

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Veröffentlichung

Fr, 15. September 2017

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